Die 4 nervigsten Neuwork – Irrtümer

Geht es um das Thema Neuwork, also auch “modernes Arbeiten”, dann scheiden sich aktuell die Geister. Von „Hollywood im Himmel“ bis „Untergang der Wirtschaft“ ist alles dabei – und vor allem diese Extreme reiben sich in LinkedIn Diskussionen und Schlagzeilen auf.  

Doch, ist diese Polarisierung überhaupt sinnvoll? Verschließen wir sowohl mit destruktiver Verteufelung als auch mit blinder Glorifizierung nicht die Augen vor den eigentlichen Chancen der technologischen und gesellschaftlichen Entwicklung?  

 

Neuwork Irrtum Nummer 1 – “Arbeiten wie ich will” 

Tja, also. Arbeiten WO ich will bedeutet keinesfalls arbeiten WIE ich will! Sowohl die Anspruchshaltung der Arbeitnehmer, vor allem der jungen, als auch die Ängste der Arbeitgeber zeigen, dass sie das Prinzip Neuwork doch noch sehr falsch verstehen. In erster Linie geht es tatsächlich darum, das Arbeiten mobil und flexibel zu machen. Das ermöglicht vielen Menschen eine Karriere, wo es sonst keine Chance gab. So können nun Mütter und Väter früh wieder in den Job einsteigen und dank wegfallender Fahrzeiten eine passende Kinderbetreuung sicherstellen. Auch ein krankes Kind bedeutet nicht mehr unbedingt Arbeitsausfall.  

Abgelegene, sogenannte “strukturschwache Regionen” verlieren ihren Schrecken, denn Leben auf dem Land bedeutet nicht mehr unbedingt, auf gute Jobs in der Stadt zu verzichten.  

So viel zum WO. Doch bitte nicht zu verwechseln mit dem WIE. Es gilt klare Regeln einzuhalten, zuverlässig zu liefern, in Kernzeiten verfügbar zu sein, seinen Arbeitsvertrag zu erfüllen. So lange also Deadlines eingehalten, Qualität sichergestellt und Verfügbarkeit abgebildet werden können, stellt eine gewisse räumliche Flexibilität kein Problem dar. Gewisse Standards des Arbeitnehmers erwarten schließlich auch die Kunden oder andere externe Ansprechpartner.  

Neuwork Irrtum Nummer 2 – Ohne Präsenz keine Kontrolle mehr 

Tatsächlich rufen große Konzerne medienwirksam, aber auch kleinere Unternehmen weniger laut, ihre Mitarbeiter teilweise wieder komplett zurück in die Präsenz. Einer der oft zu hörenden Gründe ist, dass die Mitarbeiter unbeaufsichtigt nicht mit vollem Einsatz arbeiten. Laut einer Studie von KPMG mit 1.325 CEOs aus internationalen Großunternehmen wollen 68 % der Befragten ihre Mitarbeiter wieder ins Office zurückholen. Fast genauso viele (64 %) gehen sogar davon aus, dass das Konzept Homeoffice in spätestens drei Jahren nicht mehr existiert. 25 % sehen nicht mal für ein hybrides Konzept eine Zukunftsperspektive. 

Okay – kommen wir mal runter vom Elfenbeinturm der internationalen Konzern-CEOs. Es gibt nämlich auch andere Studien – vom Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW zum Beispiel. Hier stellte sich heraus, dass die rund 1.500 befragten deutschen Firmen sämtlicher Größen in den kommenden zwei Jahren eher mit einer Ausweitung der Homeoffice-Nutzung als mit einem Rückgang rechnen. Das passt ins Bild, denn Deutschland steht in Punkto Home-Office-Nutzung mit durchschnittlich gut einem Tag Homeoffice pro Woche auf dem zweiten Platz unter 17 europäischen Ländern. Davor lag in Europa nur das Vereinigte Königreich mit 1,5 Tagen. Zumindest bei uns also ist hybrides Arbeiten offensichtlich ein Erfolgsmodell! 

Und für die verbliebenen Skeptiker und oben zuvor genannten Konzern-CEOs gilt: Mitarbeiter arbeiten unbeaufsichtigt nicht mit vollem Einsatz? Falls das objektiv abbildbar ist, muss man sich in diesen Fällen ganz klar fragen, was da in der Führung falsch läuft. Warum sinkt die Motivation der Mitarbeiter? Haben die vorher nur dank Druck und Kontrolle ordentlich gearbeitet? Puh – dann haben Sie aber ein anderes Problem zu besprechen, oder? Die Aufgabe des Führungspersonals ist es, Commitment zu schaffen, Loyalität zu erzeugen, Teamgefüge zu stärken.  Wer gerne arbeitet, hinter dem Produkt steht, sich für ein Team verantwortlich fühlt, der schlampert nicht. Also Chefs – strengt Euch gefälligst an!  

Bonifizierung, Gamification, Teambuilding, Fortbildung … Neuwork heißt nicht nur schöne neue Technik, sondern auch schöne neue Unternehmenskultur.  

Übrigens: In einem Beschluss von 2021 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG v. 20.10.2021, Az. 7 ABR 34/20) entschieden, dass eine einseitige Beendigung der mobilen Arbeit durch den Arbeitgeber eine Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG darstellt. Die Rückholung ist daher nur wirksam, wenn der Arbeitgeber zuvor die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt hat. Wollen Sie sich wirklich mit dem anlegen?  

Neuwork Irrtum - Kristin Rosenow

Neuwork Irrtum Nummer 3 – Fachkräftemangel und GenZ zwingen uns in die Knie 

Fachkräftemangel, GenZ, Arbeitnehmermarkt – die aktuelle Situation lässt den ein oder anderen Arbeitgeber hektische Flecken ausprägen. Geduld, sage ich hier, Geduld. Erstens ist es eine verzerrte Wahrnehmung, dass plötzliche alle Angehörigen der GenZ faul, nicht belastbar und schlecht ausgebildet sind. Schaut man sich einmal genau um, trifft man so viele ganz wunderbare junge Menschen, mit Visionen, großartigen Ideen, Ehrgeiz, Fleiß und Bock auf Erfolg. Wirklich – die sind da! Und statt den laut schreienden hinzuwerfen was sie wollen und dabei die anfallenden Arbeiten nicht mehr zu bewältigen, nutzen Sie lieber smart das, was Neuwork an neuen Tools liefert.  

Dank neu gewonnener Zeit mit remote Work, Entlastung durch KI und mehr Effizienz mithilfe automatisierter Prozesse eröffnen sich grandiose Möglichkeiten, es sich und dem Team “so richtig schön” zu machen. 

Einmal durchs Tal der Tränen gegangen (zb. wegen fehlender Mitarbeiter in KI investiert) können jetzt die Kapazitäten im Office vor Ort genutzt werden, um das Team voranzubringen. Kreative Sessions, gemeinsames Feiern oder besondere Kundentermine mit Show-Effekt finden jetzt ihren Platz, bevor es für Routine und Fleißarbeit wieder zurück ins heimische Büro geht. Abwechslung im Job statt täglichem Einheitsbrei, work hard, play hard. So arbeiten Erfolgs-Teams 

Neuwork Irrtum Nummer 4 – Aber, die Work-Life-Balance! 

Wir müssen reden. Ja, ernsthaft, lassen Sie sich die zwei Begriffe mal auf der Zunge zergehen. Wenn zwischen zwei Dingen eine Balance geschaffen werden muss, dann handelt es sich offensichtlich um Gegensätze. Bedeutet das Work = schlecht und Life = gut? Gehört Arbeiten nicht zu unserem Leben dazu und sollte es nicht ebenso das Prädikat „gut“ verdienen? Ist es wirklich eine solche Bedrohung, wenn das Arbeiten am Wohnort stattfindet?  Neuwork sollte also genau dafür gut sein: die Notwendigkeit einer Ausbalancierung, einer Kompensation obsolet machen. Arbeit ist kein Ort, sondern etwas, das man bestenfalls gerne macht – egal wo. Auch nach der Corona-Krise arbeiten weiterhin rund 25 % aller Erwerbstätigen in Deutschland im Homeoffice. Wenn jetzt in der Firma noch kreative Räume geschaffen werden, offene Zonen für Teamwork, Gemütlichkeit für genussvolles Arbeiten, dann verschwimmen diese altbackenen Grenzen noch mehr – et voila: Work-Life-Symbiose!  

Fazit 

Nehmen wir mal etwas mehr Realität ins Visier und lösen uns von emotionalen Debatten voll selektiver Wahrnehmungen. Sachlich betrachtet haben wir es in der aktuellen Entwicklung Richtung Neuwork mit einem echten Fortschritt für viele Berufsgruppen und Branchen zu tun. Ja, Krankenschwestern können nicht remote arbeiten und Polizisten und Bauarbeiter auch nicht. Ja und? Weil es nicht für alle Berufsgruppen passt, hat gefälligst die gesamte Menschheit darauf zu verzichten?? Also bitte. Nennen wir es die salvatorische Klausel des Neuwork und finden uns damit ab: Es geht nicht immer alles für alle. Nicht jeder hat ein Smartphone, Bezahlung per Handy ist trotzdem im Vormarsch. Nicht jeder hat ein Auto, Autobahnen werden trotzdem gebaut. Nicht jeder kann im Homeoffice oder mobil arbeiten, Neuwork ist trotzdem das Konzept der Zukunft. Eat this! 

Neuwork Irrtum - Kristin Rosenow
Kontakt zu den Neuwork Experten
Geben Sie den Captcha ein
Ich stimme den Datenschutzbestimmungen und AGB zu.